Die Eingewöhnung liebevoll begleiten

bedürfnisorientiert, klar, vertrauensvoll

Nun ist es soweit, der Tag, der lange Zeit so fern schien ist letztendlich doch gekommen. Freude und Wehmut mischen sich zu einem großen Kloß, der mir im Hals steckt. Wie wird es dir, meinem kleinen Baby im Kindergarten gefallen. Wirst du Freunde finden, Abenteuer erleben und Neues lernen? Wirst du mich vermissen? In meiner Brust schlagen zwei Herzen. Das Eine, das sich freut und den Tag insgeheim schon herbeigesehnt hat, weil es auch für mich einen neuen Abschnitt einläutet. Einen Abschnitt voll mit Erwachsenengesprächen, voll mit mir, als kompetente Frau im Berufsleben, mir, mit Klatsch und Tratsch in den Mittagspausen und mir, entspannt und alleine auf der Toilette. Ein Teil von mir feiert den Neubeginn, der andere eine Abschiedsparty mit dicken Krokodilstränen. Das zweite Herz in meiner Brust schlägt nämlich für dich und mich. Unsere wunderschöne, nie wiederkehrende Karenzzeit. So anstrengend sie auch war, so unvergesslich bleibt sie mir in Erinnerung. Irgendwie unvorstellbar, nicht den ganzen Tag bei dir zu sein und all deine kleinen und großen Erfolge mitzuerleben. Wer soll dich denn nun trösten, wenn du traurig, ängstlich oder frustriert bist. Kann jemand anders meinen Platz einnehmen?  Wie muss sich das nur für dich anfühlen?

Ein neuer Abschnitt, ein Neubeginn ist immer auch eine neue Chance! Um Übergänge gut und liebevoll zu begleiten, braucht es vor allem eins: Vertrauen und Zeit.  Vertrauen in dich, dass du schaffst los zu lassen. Vertrauen in dein Kind, dass es eine neue Rolle einnimmt und sich auch unabhängig von dir als mutig und neugierig erlebt. Vertrauen in die Betreuungspersonen, die kompetent und einfühlsam ihr Bestes geben um das Ankommen in der neuen Situation sicher und behutsam zu gestalten.

Doch was kannst DU für eine gelungene Eingewöhnung tun? Dein Kind liebevoll zu begleiten ist das Eine, doch selbst auch voller Vertrauen, Selbstsicherheit und Überzeugung zu sein, ist das Andere. Kinder sind sehr feinfühlig. Angespannte Schwingungen, Zweifel oder Angst spüren sie sofort und übertragen es auf sich selbst. Völlig unbewusst übernehmen sie den Gemütszustand von ihren Bezugspersonen. Es ist wie ein Sicherheitsmechanismus. Eine Art evolutionäre Allarmanlage, die das Kind vor Gefahren beschützt, die es nur aufgrund der Gefühlsspiegelung der Bindungspersonen wahrnehmen kann. So spürt dein Kind, wenn du unsicher bist und mit der „Abgabe“ im Kindergarten haderst. Während Gedanken wie „hoffentlich ist die Pädagogin lieb zu meinem kleinen Schatz“ und „war das wirklich die richtige Entscheidung, jetzt schon mit dem Kindergarten zu beginnen“,  durch deinen Kopf geistern, spürt dein Kind sofort, dass du ambivalent bzw. unsicher bist und kombiniert: „Wenn die Mama schon ängstlich ist, muss es ja ganz schön schlimm hier sein. Bitte lass mich hier nicht alleine!“
Wenn dich solche Gedanken immer wieder begleiten, kann es hilfreich sein mit der Pädagogin (am bestem im Vorfeld) ein Gespräch zu suchen. In manchen Kindergärten ist es während der Eingewöhnungsphase gestattet, den Gruppenraum zu betreten. Das ist optimal um sich entspannt mit den Pädagoginnen zu unterhalten während dein Kind auf deiner Schoß, oder neben dir sitzt. Es kann sich ein Bild davon machen, wie du mit den zukünftigen Bezugspersonen sprichst, lachst und scherzt. Es merkt, dass keine Gefahr von ihnen ausgeht und sie können sich langsam an die neue Situation gewöhnen. Da Kinder in diesem Alter überwiegend auf Co-Regulation angewiesen sind, kann es helfen wenn du die Situationen für dein Kind in Worte fasst und mögliche Gefühle für diese neue Situation anbietest. Im besten Fall beziehst du die Pädagoginnen gleich mit ein. So könntest du zum Beispiel sagen:“ Du beobachtest gerade die beiden Mädchen in der Bauecke. Die Kinder sehen glücklich aus, hörst du sie lachen? Ich kann mir vorstellen, dass dir das auch Spaß machen würde, was meinst du? Vielleicht verrät uns Pädagogin Monika, wie die beiden Mädchen heißen!“ – „Was würdest du denn jetzt bauen, wenn du mit Amelie und Daniela in der Bauecke wärst? Möchtest du mit Pädagogin Monika einmal hingehen?“

Oftmals ist die Sprachkompetenz bei Eingewöhnungskinder noch nicht soweit entwickelt, dass sie problemlos von ihrem Erlebten im Kindergarten berichten könnten. Darum ist es wichtig, in gutem Austausch und Kontakt mit den Pädagoginnen zu bleiben und außerdem deinem Kind ganz konkrete, einfache Fragen zu stellen, wie „neben wem bist du denn heute während des Mittagessens gesessen?“ Auch Bücher können wunderbar dazu einladen vom Kindergarten zu erzählen. Entweder anhand der Bilder oder Situationen, die im Buch abgebildet bzw. dargestellt werden. Dialogisches Lesen ist ein wunderbarer Begleiter für die Eingewöhnung und die Zeit danach.

Nach dem Kindergartentag ist vor dem Kindergartentag. Das bedeutet, dass nicht nur das NACHbesprechen, sondern auch das VORbesprechen wichtig ist. „Was wirst du heute als erstes machen, wenn du in den Kindergarten kommst?“ oder „Was glaubst du, wird es heute zum Frühstück geben?“ . Das hilft den Kindern dabei den Fokus auf etwas bestimmtes zu lenken, ein Spiel, eine Situation die ihnen vertraut ist und Spaß macht, weg vom Abschied, der oft von Trennungsschmerz begleitet ist.

Individuelle Reime oder Lieder sind ebenso hilfreiche Unterstützer für den Weg in den Kindergarten oder das Abholen. Überlegt euch gemeinsam mit eurem Kind eine ganz besondere Verabschiedung oder Begrüßung. Das gibt Vertrauen und schafft Sicherheit durch kleine Routinen.

Die Eingewöhnungsphase steckt voller Möglichkeiten, Entwicklung und Bewältigung. Für dich, für mich, für uns.

Sei die LieblingsMAMA die du sein willst!

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