Worte haben Bedeutung

Nichts passiert | Greif dort nicht hin | Du brauchst keine Angst haben

Du läufst, der Wind weht dir ins Gesicht und du zwickst vor Stolz und Begeisterung die Augen fest zusammen, lachst so frei und mitreißend. Dich dabei zu beobachten, wie du Stück für Stück die Welt entdeckst und eroberst löst bei mir ein Gefühl voller Zuneigung und Liebe aus. Ich beobachte dich, wie du dich von Pflasterstein zu Pflasterstein hantelst und dabei vor Freude quietschst. Doch plötzlich liegst du auf dem Boden und weinst, bitterliche Tränen rinnen wie kleine Bäche über deine geröteten, heißen Wangen, die gerade noch dein Lächeln wiederspiegelten. Schnell lege ich meine Hand zärtlich über deinen Rücken, und sage sanft:“ Ich habe gesehen wie sicher du vorhin gelaufen und gehüpft bist, bist du an dem erhöhten Pflasterstein hängen geblieben?“ Du siehst mich mit deinen tränengefüllten Augen an und nickst fest mit dem Kopf. „Sollen wir gemeinsam auf dein Knie blasen?“ – Wieder bekomme ich ein Nicken zur Antwort. „Möchtest du weiterhüpfen und gleich mit diesem Stein beginnen?“ – Du möchtest, und noch bevor ich mich wieder aufgerichtet habe, hast du die Stolperfalle bezwungen und gehst wieder freudestrahlend deiner Mission nach.

Bereits im Alter von wenigen Monaten macht es einen großen Unterschied, WAS wir zu unseren Babys und Kindern sagen. Bereits ganz früh, haben Worte Bedeutung. Wer kennt es nicht (auch aus seiner eigenen Kindheit!), hinfallen und weinen, kurz darauf kommt als Reaktion entweder „Ah, ist nichts passiert“ oder „Oje jetzt hat er/sie sich aber weh getan! Oh das sah schlimm aus, das tut bestimmt weg!“. Beide Reaktionen sind intuitiv, eben weil so viele von uns immer wieder damit konfrontiert wurden. Umso wichtiger ist es, in solchen Situationen kurz innezuhalten, nur für den Bruchteil einer Sekunde um das zu sagen, was wirklich hilfreich ist und symbolisiert: Ich sehe dich, ich verstehe dich. Natürlich ist etwas passiert; dein Kind ist hingefallen. Es hat sich vielleicht weh getan, vielleicht hat es sich aber auch einfach erschrocken oder ist frustriert weil es nicht so geklappt hat wie es sich das gewünscht hat. Es ist wichtig situationsadäquat zu reagieren um dem Kind eine passende Reaktion auf Schmerz, Frust oder Angst vorzuleben. Die Gefühlsstürme in Worte zu fassen. Sie zu benennen und das Geschehene zu beschreiben, ist nicht nur für die momentane Verarbeitung des Erlebten wichtig, sondern auch für die emotionale Entwicklung, Empathie Fähigkeit und die Selbstregulation.
Dein Kind soll sich vor allem verstanden fühlen. Auch das ist Bonding, dass bereits unmittelbar nach der Geburt ein festes Band zwischen euch spinnt. Durch die passende und zeitnahe Reaktion auf Bedürfnisse, wird dieses Band stetig gefestigt.

Auch das absprechen von Gefühlen ist mit dem umgangssprachlichen „Du brauchst keine Angst haben“, kritisch zu sehen. Was wir mit dieser Aussage eigentlich meinen ist: „Ich bin bei dir und passe gut auf dich auf, dir kann nichts passieren, ich beschütze dich.“ Was wir in diesem Moment also tatsächlich sagen sollten: „Wie groß ist deine Angst denn? So groß wie ein Elefant oder so klein wie eine Maus? Was könnten wir /du denn machen damit die Angst weggeht? Ich bin bei dir.“ Angst zu haben ist wichtig. Es ist ein Urinstinkt und Überlebensinstinkt. Man könnte also sagen eine natürliche Schutzreaktion. Angst ist wichtig, sie kann uns beschützen, lässt uns wachsam sein und vorsichtig, bedacht. Ab ungefähr vier Jahren kann die Angst auch genau so erklärt werden. Als wichtiger Schutzmechanismus. Man muss nur überprüfen ob er im Hier und Jetzt tatsächlich im vollen Ausmaß notwendig ist, oder ob durch rationales Handeln, die Angst minimiert werden kann, damit sie wieder nützlich und nicht lähmend ist. Das ein oder andere Mal sollten wir uns auch fragen, ob wir mit diesem Satz tatsächlich die Angst der Kinder, oder vielleicht unsere eigenen Ängste, Sorgen, Unbehagen wegwischen möchten.

Doch wie verhalte ich mich am besten wenn ich mein Kind davon abhalten will etwas (potentiell gefährliches) zu tun? Babys und Kleinkinder können das Wort „nicht“, kognitiv nicht erfassen.  Bei einem Satz wie „Räum bitte nicht den Wickelrucksack aus!“, hören sie tatsächlich: “Räum bitte den Wickelrucksack aus!“. Interessanterweise gibt es in der deutschen Sprache sehr viele Verneinungen, was dazu führt dass sich das Baby/Kind nicht auskennt. Selbst wenn es das Wort „nicht“ hören würde, wüsste es deshalb dennoch nicht was stattdessen zu tun ist. Es ist immer leichter einer Anordnung bzw. einem Szenario zu folgen, als sich adhoc ein neues auszudenken. Im Fall unseres Beispiels wäre das also: „Lass die Sachen bitte im Wickelrucksack drinnen“. Anstatt „Greif nicht mit den Fingern zwischen die Tür, du zwickst dich ein!“ – „Halte die Hand flach auf der Tür.“ Und wenn das Kind schon über ein Jahr als ist kann der Nachsatz „Wenn du dir die Finger einzwickst tut das nämlich sehr weh“, hilfreich sein. Auch hier helfen also beschreibende und anregende Formulierungen. Anstatt also deinem Baby/Kind zu sagen was es NICHT tun soll, erleichterst du es DIR und deinem Kind, wenn du konkret sagst, was zu tun ist.

Bei akuten Gefahrensituationen ist es wichtig kurze, prägnante Anweisungen zu geben. Statt zu sagen: „Greif nicht in die Steckdose“ – „Halt, STOP!“. Auch mit der Tonlage beschreibst du hier sehr deutlich, dass Gefahr in Verzug ist. Wichtig ist also nicht nur was du sagst, sondern auch wie.

Die wichtigsten Punkte zusammenfasst:

·       Situationen beschreiben

·       Geschehenes in Worte fassen

·       Gefühle anbieten/vorschlagen/benennen

·       Ernstnehmen und würdigen

·       Klar und aktiv formulieren

·       Stimme macht Stimmung

Auch wenn es ein Prozess ist, die adäquate Formulierung zu finden und das sicher nicht immer gelingt, so ist es wichtig es bewusst zu tun, immer und immer wieder.

Sei die LieblingsMAMA die du sein willst!

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Elternsein – was bedeutet das überhaupt?